Fünf Frauen stehen auf einer Bühne. Die Frau vorne in der Mitte trägt eine Kochschürze mit einem großen roten Herz darauf. Die anderen Frauen stehen hinter ihr und halten Schilder in die Luft. Auf den Schildern steht jeweils ein Wort: "Mutter", "Mama", "Anne" und "Mutti".

Generationsübergreifendes Frauen-Theaterprojekt

2012/13 drehte sich im Großprojekt „Familienbande“ des TPZ alles um vergangene, heutige und künftige Spielarten des sozialen Systems Familie. Im Projektbaustein „Abbruch. Aufbruch. Umbruch“ entwickelte eine generationsübergreifende Gruppe deutscher und deutsch-türkischer Hildesheimerinnen zwischen 24 und 78 Jahren eine Szenencollage zur Bedeutung von Familie in der eigenen Biografie. Unter der Leitung von Silke Pohl und Julia Solórzano stellten sie sich mit Mitteln des Biografischen Theaters und des Kreativen Schreibens der Herausforderung, ihre Erfahrungen, Erinnerungen, Ängste und Sehnsüchte in Bildern auszudrücken.

Bilder sind international

Am Anfang des Projektes standen Fragen wie: „Wer gehört zur Familie?“, „Was hält die Familie zusammen?“, „Wie laufen Familienstreitigkeiten ab?“, „Welche Rolle(n) spielen Väter/Brüder?“, „Wer ist dir in deiner Familie am wichtigsten?“, „Inwiefern kann Familie auch problematisch sein?“. Diese wurden in Texten (auf Deutsch und Türkisch), in Partner- und Gruppeninterviews, in szenischen Improvisationen und Aufstellungen oder auch in Form von Zeichnungen beantwortet.

Intensiv wurde auch mit Fotografien und Bilderrahmen gearbeitet: In den Proben wurden immer wieder Fotos betrachtet sowie nachgestellt, und über Wortspiele zum „Hängen“ der Bilder sowie Familiengeschichten kam das Stück letztlich zum vieldeutigen Titel „Hauptsache, man hängt irgendwo“ (einem Satz aus einem von einer Teilnehmerin verfassten Text darüber, wo ihr uncooler Cousin immer herumhängt). Dementsprechend arbeitete der Szenograf Jörg Finger beim Bühnenbild mit vielen leeren Bilderrahmen, die immer wieder durch Menschen und Bewegungen belebt wurden. Auch boten von der Decke herabhängende Schnüre mit Haken Gelegenheit, immer wieder neue bedeutungsvolle Objekte daran aufzuhängen.

Von Kuchen, Katastrophen und Kindheitsträumen

Basierend auf eigenen Erlebnissen, Improvisationen und Texten, porträtieren die 16 Frauen spielerisch ihre Familien, fanden Unterschiede und Gemeinsamkeiten. Am Ende versammelten 13 Spieler*innen auf der Bühne an der Familientafel etwa das taffe Mädchen, den Bruder, der nicht gelobt werden darf, Kuzen Hülya, die Verkäuferin, die jedermann „Mutter“ nennt, den falschen Wilhelm und Onkel Xaver. Zwischen Unmengen bunter Päckchen teilten sie Kuchen, Katastrophen und Kindheitsträume.

Mit Schüler*innen im Familienalbum blättern

Alben mit Familienfotos brachten nicht nur während der Proben den Erinnerungsprozess der Teilnehmerinnen in Gang – auch fanden zwei Treffen mit Grundschüler*innen und eines mit Berufsschüler*innen statt. Dabei hatten die Frauen Fotos aus ihrer eigenen Kindheit und Jugend im Gepäck und tauschten sich mit den Schüler*innen über damals und heute, hier und dort, Freizeit und Schule, Familie und Familienfeste aus.

Über die gemeinsame künstlerische Arbeit wurde sowohl im Theaterprojekt selbst als auch in den Treffen mit den Schüler*innen ein echter Austausch ermöglicht, der Bilder auf allen Seiten veränderte bzw. schärfte oder neu entstehen ließ. Dabei reflektierten die jungen Teilnehmenden intensiv die Lebenswege ihre älteren Familienmitglieder wie Eltern und Großeltern. Die Älteren wiederum machten sich die Themen der Jungen bewusst (Familienplanung nach Karriereplan, sich verorten zwischen deutschen und türkischen Kulturen, Bildungsbenachteiligung etc.).

Galerie im Foyer

Die Inszenierung wurde vom Publikum sowie auch der Presse begeistert aufgenommen – für die Spieler*innen eine große Freude und Anerkennung. Alle drei Aufführungen von „Hauptsache, man hängt irgendwo“ waren ausverkauft. Intensiv betrachtet wurde vom Publikum eine Galerie mit alten und neuen Familienbildern der Frauen vom Zweiten Weltkrieg bis in die Jetztzeit, die im Foyer der Spielstätte installiert wurde: Nach den Aufführungen kam es, angeregt durch die Bilder und das Bühnenerlebnis, zu intensiven Gesprächen zwischen den Spielerinnen, ihren Familien und dem Publikum.

„Aufbruch. Abbruch. Umbruch.“ war ein Kooperationsprojekt zwischen dem TPZ Hildesheim und der Frauengruppe des Hildesheimer Sportvereins Türk Gücü. Das Projekt wurde im Rahmen von „Familienbande“ gefördert von der Stiftung Niedersachsen, der Klosterkammer Hannover, dem Niedersächsischen Ministerium für Wissenschaft und Kultur, dem Fond Soziokultur, der Johannishofstiftung, der Sparkasse Hildesheim, der Bürgerstiftung Hildesheim, der Stadt Hildesheim und dem Landkreis Hildesheim.

„Ungeachtet von Alter und Herkunft gibt es viel Übereinstimmung in Erfahrungen und Einschätzungen.“
Hedwig, Projektteilnehmerin

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Das Projekt war Teil von „Familienbande“. Hier ist die Projekt-Dokumentation zu sehen:

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