Ein Mann sitzt auf einem roten Sofa und spielt am Handy. Neben ihm sitzt eine Frau und schaut ihm gelangweilt zu.

Theater öffnet die Augen

Nur was wir verstehen, können wir auch beeinflussen. Und wenn wir wissen, wie wir uns selbst helfen können, sind wir im Bedarfsfall nicht hilflos. Theaterpädagogik ermöglicht es, in einem geschützten Rahmen spielerisch stärkende und schützende Erfahrungen zu machen.

Menschen, die bislang nur Gerüchte über AIDS gehört haben; Jugendliche, die ihre eigene konfrontative oder gewalttätige Ausstrahlung nicht einschätzen können; Kinder, die im familiären Umfeld einen unreflektierten Umgang mit Alkohol vorgelebt bekommen – sie alle sollten so früh wie möglich Erfahrungen machen dürfen, die dabei helfen, nicht in schädliche Systeme zu rutschen und dort Leid zu erfahren oder selbst auszulösen. Theaterpädagogik eignet sich in besonderem Maße dazu, in einem geschützten Rahmen genau solche Erfahrungen zu machen und intensiv zu lernen.

Theaterpädagogik als Impulsgeber

Die große Chance theaterpädagogischer Präventionsarbeit liegt darin, das jeweilige Thema nicht „von oben herab“ aus einer Ich-weiß-alles-Perspektive an die Teilnehmenden heranzutragen, sondern das Thema aus der Gruppe heraus zu entwickeln. Das heißt: Jede*r kann sich, die eigenen Ideen, Erfahrungen und Kompetenzen einbringen und dazu beitragen, die Gruppe zu Expert*innen für sich selbst in Bezug auf das Thema zu machen.

Das Thema eines theaterpädagogischen Präventionsprojektes oder -Workshops kann also vorgegeben sein, doch kommen die Inhalte aus dem Kreis der Teilnehmenden und haben so einen unmittelbaren Bezug zu ihrer Lebenswelt. Auf diese Weise werden auch komplexe oder oft verdrängte Themen wie AIDS oder Cyber-Mobbing bewusst und greifbar. Es wird leichter, sie anzusprechen, Möglichkeiten der Hilfe und Selbsthilfe werden verankert, und durch die eigene Erfahrung wird die Basis dafür geschaffen, sich eine differenzierte Haltung zum Thema anzueignen und letztlich sich selbst und andere zu schützen.

Achtsamkeit für Gewaltsignale

Häufig ist Gewalt in verschiedenen Kontexten Thema theaterpädagogischer Präventionsarbeit. Auf spielerische Art und Weise wird dabei an Selbst- und Fremdwahrnehmung gearbeitet. Nicht selten verbirgt etwa eine starke, aggressive Körpersprache eine Unsicherheit in Fragen der eigenen Wirkung. Je klarer körpersprachliche Signale erkannt und auch bewusst eingesetzt werden können, desto weniger Raum bleibt für diese Unsicherheit.

In engem Zusammenhang mit dem Themenkomplex Gewalt stehen Themen wie Ausgrenzung, Miteinander, Fairness oder Mobbing. Dabei müssen das „offizielle Thema“ und die Abschlusspräsentation des Theaterprojektes ganz und gar nicht „Gewaltprävention“ oder ähnlich heißen. Mit einem zur jeweiligen Gruppe passenden Motto wie „Szenencollage Freundschaft“ oder „Die Welt des Fußballs“ lässt sich meist gut an die Interessen der jeweiligen Gruppe anknüpfen. Bei Schüler*innen kann alternativ auch der Inhalt der aktuellen Klassenlektüre zum Ausgangspunkt für eine Auseinandersetzung mit Themen wie Respekt, Gemeinschaft, Regeln usw. werden.

Im Theaterprojekt oder -Workshop werden die Ideen und Geschichten der Teilnehmenden selbst dann zum Rohmaterial für Szenen und zum Finden und Erproben alternativer Handlungsmöglichkeiten. In spielerischen Übungen wird es den Teilnehmenden ermöglicht, Konflikte anzuspielen, Konstellationen, in denen Konflikte entstehen, zu beobachten, Situationen richtig einzuschätzen und anders lösen zu lernen. Außerdem wird das Selbstbewusstsein durch eine verbesserte Selbstwahrnehmung und viel körperliche Bewegung gestärkt.

Klare Regeln auf der Bühne

Insbesondere wenn es am Ende der Probenphase eine Aufführung gibt, wird jedem Gruppenmitglied klar, dass es auf jede*n Einzelne*n ankommt. Dabei gelten klare Regeln, die nicht nur die Proben, sondern auch den Ablauf des Theaterstücks strukturieren. Dadurch, dass jede*r Teilnehmende die Konsequenzen der Regelverletzungen sehr klar vor Augen hat – sich selbst und die Gruppe vor dem Publikum nicht gut präsentieren – kann die Sinnhaftigkeit von Strukturen erkannt, überdacht und ggf. neu bewertet werden.

Darüber hinaus bieten Theaterprojekte und -trainings Gruppen durch das Zusammenspiel in einem ganz anderen Rahmen die Möglichkeit, die Stärken jedes und jeder Einzelnen neu wahrzunehmen, sich von deren Ideen überraschen zu lassen und gemeinsam Regeln für einen achtsamen Umgang miteinander einzuüben, die sich in den (Schul-)Alltag übertragen lassen.

Themenvielfalt und Expertise

Je nach Zielgruppe, Interessenlage und Lebensalter steht die selbstbestimmte Auseinandersetzung mit verschiedensten Themen im Zentrum unserer theaterpädagogischen Präventionsarbeit. So haben wir beispielsweise schon mit Gruppen zu AIDS/HIV, Sexualität, ungewollter Schwangerschaft, Cybermobbing, Suizid und Tod gearbeitet.

Mit der Möglichkeit der individuellen Erfahrung im Theaterprojekt verknüpfen wir stets Informationen über die wichtigsten Fakten zum Thema sowie das jeweilige Unterstützungssystem vor Ort. Dazu kooperieren wir gerne mit Selbsthilfeorganisationen, Fachstellen bzw. zum jeweiligen Thema arbeitenden Vereinen und anderen Institutionen.

„Wissen ist das Kind der Erfahrung.“

Leonardo da Vinci
Aktuelle Angebote Prävention:

Hier einige Beispiele unserer theaterpädagogischen Arbeit
im Themenfeld „Theaterpädagogik & Prävention“